Fragen und Antworten zur Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse
Was ist eine Autoimmunerkrankung?

Als Autoimmunerkrankungen werden Krankheiten bezeichnet, bei denen sich das körpereigene Immunsystem gegen Zellen des eigenen Körpers wendet und diese als anzugreifende Fremdkörper empfindet. Das führt im Falle der Schilddrüse letztendlich zur Gewebs- bis Organzerstörung. Moderne Untersuchungs- und Analysemethoden, insbesondere in der Genforschung haben unser Wissen über Autoimmunerkrankungen stark wachsen lassen. Dennoch sind die genauen Ursachen und Wechselbeziehungen bei Autoimmunerkrankungen noch nicht ausreichend geklärt. Wir kennen z.Z. noch keine Behandlungsmethode der Ursachen der Erkrankung. Wir behandeln und lindern die Symptome und Beschwerden.

Was ist die Ursache für eine Autoimmunerkrankung?

Wir wissen heute, dass es für die meisten Autoimmunerkrankungen, wie die Thyreoiditis Hashimoto und den Morbus Basedow, eine genetische Disposition gibt. Die genetische Disposition alleine ist aber noch nicht die Erkrankung. Es bedarf eines oder mehrerer Auslöser, damit aus einer Veranlagung zur Erkrankung eine Erkrankung wird.
Nach unserem heutigen Wissenstand wird die Erkrankung meist durch Erreger in Kombination mit anderen Umwelteinflüssen ausgelöst.
Die gängigste Theorie zum Auslösen einer Autoimmunerkrankung ist, dass hier ganz wesentlich Magen-Darm Infektionen im Zusammenspiel mit der Zusammensetzung der Darmbakterien verantwortlich sind. Aber auch bestehende andere Krankheiten, Umweltfaktoren, wie z.B. Stress, UV-Strahlung, Schwangerschaft und vieles mehr, sowie uns allen vertraute Risikofaktoren wie Rauchen und anderes Suchtverhalten können im Zusammenspiel mit Einflüssen, die wir noch gar nicht kennen, eine Autoimmunerkrankung auslösen.
Warum gerade Frauen überwiegend Autoimmunerkrankungen haben, ist uns auch noch nicht klar, auffällig ist hier aber die familiäre Disposition.

Warum gerade ich? Warum gerade jetzt?

Das Auftreten einer Thyreoiditis Hashimoto oder eines Morbus Basedow ist unvorhersehbar. Zum Ausbruch der Erkrankung gehören neben der Veranlagung die o.g. multifaktoriellen Auslöser, die sich zum überwiegenden Anteil außerhalb unserer Kontrolle und unseres Einflusses befinden. Meist werden diese auslösenden Faktoren und Ereignisse selber nicht wahrgenommen.
Die Diagnose einer chronischen Erkrankung wird von vielen Menschen als ein kritisches Lebensereignis bewertet. Die aktuellen Lebensumstände werden neu bewertet, der Lebensstil wird evtl. umgestellt und angepasst. Häufig stellen sich die Betroffenen die Fragen: „Warum gerade ich? Warum gerade jetzt?“. Unterstützung bei der psychischen Krankheitsbewältigung und Auseinandersetzung mit diesen Fragen bietet eine spezialisierte psychologische Einzel-oder Gruppenberatung.

Was sind die Beschwerden/Symptome einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse?

Die Beschwerden können vielfältig sein und auch zeitlich stark schwanken und variieren.
Sie sind zum Einen abhängig davon, ob durch die Erkrankung gerade zu viel oder zu wenig Schilddrüsenhormone im Blut sind, zum Anderen hängen sie von den, möglicherwiese auch ursächlichen, Begleiterkrankungen, wie Resorptionsstörungen, Entzündungen, Erkrankungen der Nebenniere, der Hirnanhangsdrüse oder der Leber ab.
Falls zu viel Schilddrüsenhormone im Blut sind, neigen die Betroffenen z.B. zu Nervosität, Gereiztheit, Hitzewallungen, Schlafstörungen und Herz-Rhythmus-Störungen. Sie sind deutlich antriebsgesteigert und möglicherweise psychisch auffällig.
Falls zu wenig Schilddrüsenhormone im Blut sind, sind die Betroffenen meist abgeschlagen, müde, demotiviert, neigen zu Verstopfung und setzten schneller Gewicht an. Bei Frauen kann es zu Regelunregelmäßigkeiten und Fertilitätsstörungen kommen.
Zu wenig Schilddrüsenhormone und damit eine Unterfunktion ist ungünstig für das Wachstum und die Entwicklung des ungeborenen Kindes sowie im Kindes- und Jugendalter.
Viel zu viel Schilddrüsenhormone können zu lebensbedrohlichen Krisen führen.

Wie kann man die Diagnose stellen?

Ob eine Veranlagung zu einer Autoimmunerkrankung vorliegt, lässt sich gentechnisch nachweisen, hilft aber im Moment noch nicht weiter, da wir hier noch nicht eingreifen können.
Das eine Autoimmunerkrankung ausgelöst wurde und aktiv ist, kann man nur durch den Nachweis von spezifischen Autoimmunantikörpern beweisen. Dieser Nachweis wird in der Regel über die Bestimmung der Autoimmunantikörper im Blut erbracht, kann aber auch mit Hilfe von Gewebsentnahmen, der sog. Feinnadelbiopsie, erfolgen. Ein Nachweis genügt zur Diagnosesicherung. Hat man eine Autoimmunerkrankung, wird man sie, nach unserem heutigen Wissensstand, nicht mehr los.
Bei den Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse sind die Auswirkungen meist in der Ultraschall-Untersuchung sichtbar, aber nicht beweisend.

Was sollte ich noch weiter abklären lassen, falls ich eine Thyreoiditis Hashimoto oder einen Morbus Basedow habe?

Insbesondere der Morbus Basedow, aber seltener auch die Thyreoiditis Hashimoto zeigen generelle Entzündungs-Zeichen und –Reaktionen im Blut und umliegenden Gewebe, welche durch entsprechende Therapien gelindert und beseitigt werden können.
Da Autoimmunerkrankungen häufig durch Veränderungen im Magen-Darm-Trakt ausgelöst werden, kann man durch Bestimmung von Vitamin D 25-OH sowie Ferritin im Blut einen Hinweis bekommen, ob vielleicht Resorptionsstörungen im Magen-Darm-Trakt vorliegen und einer weiteren Abklärung und Therapie bedürfen.
Beim Morbus Basedow sollte unbedingt bald nach Diagnosestellung eine augenärztliche Untersuchung bei einem spezialisierten Augenarzt erfolgen.

Ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse ansteckend

Nein, aber die Anlage zur Autoimmunerkrankung kann über die Generationen weiter gegeben werden, da sie erblich ist.

Wie hängt das Jod mit den Schilddrüsenhormonen zusammen?

Jod ist ein wesentlicher Bestandteil der Schilddrüsenhormone und wird zu deren Produktion benötigt.
Wenn zu wenig Jod im Körper vorhanden ist und die Schilddrüse aber mehr Hormone produzieren sollte, so versucht sie den Mangel an Rohstoff durch Ausbau der Produktionskapazität zu ersetzen, das heißt, sie wird größer bis hin zum sog. Kropf.
Durch das Jodieren von Speisesalzen, auch in der inländischen industriellen Lebensmittelproduktion, bekommen wir genügend Jod, um einen Kropf zu vermeiden. Allerdings geht man davon aus, dass viele Menschen über die tägliche Nahrungsaufnahme zu wenig Jod zu sich nehmen, insbesondere wenn sie mit Spezialsalzen würzen, die nicht jodiert sind. Jod ist z.B. viel in Fisch, Milch und Milchprodukten sowie Eiern und Mineralwasser.
Ein Zuviel von Jod im Körper ist, solange die Schilddrüse auf die körpereigene Produktionssteuerung hört, nicht für die Hormonproduktion relevant. Gibt es aber Reize, wie bei den Autoimmunerkrankungen Thyreoiditis Hashimoto und Morbus Basedow, so produziert die Schilddrüse unkontrolliert Hormone. Dafür braucht sie Jod. In so einem Fall sollte man also eine Jodzufuhr einschränken, bzw. auf stark jodhaltige Speisen verzichten.
Eine besondere Situation stellen radiologische oder kardiologische Röntgen-Untersuchungen mit jodhaltigen Kontrastmitteln dar. Diese erhalten sehr hohe Mengen an Jod, die bis zu 10 Tage nach Gabe ein massives Überangebot von Jod im Körper bedeuten und damit Überfunktionskrisen auslösen können, wenn die Schilddrüse in einem akuten Schub einer Autoimmunerkrankung ist.
Bitte teilen Sie bei radiologischen und kardiologischen Kontrastmitteluntersuchungen dem Personal immer mit, dass Sie eine Schilddrüsenerkrankung haben, damit hier Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden können!

Wie werden die Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse behandelt?

Die Therapie der Schilddrüsenunterfunktion erfolgt durch die Zufuhr von Schilddrüsen-hormonen über den Magen-Darmtrakt in Tablettenform.
Eine Überfunktion wird, wenn es nötig ist, mit sog. Thyreostatika behandelt. In Österreich sind das im Wesentlichen Thiamazol und Prothiucil. Das sind Medikamente, die die Schilddrüsenhormonproduktion hemmen. Diese Medikamente passieren die Plazenta und sind in der Muttermilch nachweisbar und dadurch nur sehr eingeschränkt bei Schwangerschaft und stillenden Müttern einzusetzen. Eine längere Einnahme dieser Medikamente sollte vermieden werden, da es zu Leberschädigungen und Schädigungen der Bauchspeicheldrüse kommen kann.
Im akuten Entzündungsschub können entzündungshemmende Medikamente eingesetzt werden und begleitende Beschwerden symptomatisch behandelt werden.

Gibt es alternative Therapiemöglichkeiten?

Insbesondere bei Erkrankungen, die die moderne Medizin noch nicht vollständig verstanden hat, gibt es unendlich viele Angebote außerhalb der Schulmedizin. Von manchen dieser Angebote wissen wir, dass sie in Einzelfällen helfen, ob durch die Behandlung an sich oder den Glauben an sie (Placebo-Effekt) ist nicht immer ganz klar.
Wichtig ist es, eine Autoimmunerkrankung nie isoliert als Einzelnes zu betrachten, sondern immer als Ausdruck eines „Systemfehlers“, der andere Erkrankungen bedingen kann und durch andere Erkrankungen bedingt sein kann. Das bedeutet im Einzelfall weiterführende Diagnostik und Therapie.
Zusätzlich zur medikamentösen Therapie der Schilddrüse bei Autoimmunerkrankungen gibt es neue vielversprechende ganzheitliche therapeutische Ansätze. Die Einbeziehung von z.B. der Molekularmedizin und psychologischer Beratung und Training unterstützen die Linderung der Begleitbeschwerden und runden die Behandlung ab.